Jene Noma © Chonon Bensho

Chonon Bensho

A River, A Snake, A Map of the Sky

Kuratiert von Kateryna Botanova

Kloster Schönthal

24.09. - 14.11.2021

Kunst

Die Bilder kommen zu Chonon Bensho in Träumen. Das geht vielen indigenen Kunstschaffenden ähnlich. Es gehört zu den besonderen Fähigkeiten indigener Völker, ihre Seelen zu öffnen und spirituellen Wesen im Traum oder in Visionen zu begegnen. Dann kommen die Geister und malen Kené, mäandernde, fliessende Muster, auf die Körper und Kleidung der Menschen. Um sie zu beschützen und sie mehr wie Geister aussehen zu lassen, um sie mit Zeit und Raum in Einklang zu bringen.  «Ich habe diese Kraft, diese Gabe, weil ich seit meiner Kindheit mit Heilpflanzen behandelt wurde, weil die Weisheit an mich weitergegeben wurde», erklärte Chonon Bensho kürzlich in einem Interview. «Mein Grossvater war ein traditioneller Heiler mit einem enormen Wissensschatz. So entsteht meine Kunst immer in einer traumähnlichen Atmosphäre. Ich bezeuge meine Verbindung zu den Geistern verschiedener Pflanzen und Entitäten.» Chonon Bensho gehört zum Volk der Shipibo-Konibo und wurde in Santa Clara in der Region Ucayali am peruanischen Amazonas geboren, in eine Gemeinschaft, die die Weisheit traditioneller Heilkunst bewahrt. Sie studierte dort Malerei an einer Kunstschule, deren Curriculum sich auf dem auf dem westlichen Kunstkanon abstützt, und schaffte es, das Kollegium davon zu überzeugen, sie ihr Studium traditioneller Stickarbeiten als offizielles Studienfach abschliessen zu lassen. Kené-Muster, die überliefertem Wissen eine konkrete Form geben, fliessen in Chonon Benshos Bildern, Zeichnungen und zarten Bildteppichen durch Menschen, Schlangen und Fische, sie überziehen Wasser und Kleidung. In gestickter Form werden sie Kewé genannt und als eine Karte Amazoniens betrachtet, auf der zahlreiche Flüsse Dörfer und Menschen miteinander verbinden und so als Kommunikationsmittel, Nahrungsquelle und Apotheke dienen. Chonon Benshos Werke erzählen die Geschichte ihres Landes und ihrer Vorfahr*innen. Sie bilden ein visuelles Archiv, das die Geschichten über die Entstehung der Welt und über spirituelle Begegnungen sammelt. Jene Noma zeigt die erste Begegnung mit Kené-Mustern auf dem Schwanz einer Sirene. In der Arbeit Rao Noma ist eine Inka-Frau zu sehen, die Kené von der Sonne mitbringt, den Fluss überquert und die Welten der Geister und der Menschen miteinander verbindet. Und die Schlange, ein Geist, der in der Tiefe des Flusses wohnt, verwebt in Jene Nete Fische, Schildkröten und ein menschliches Paar zu einem Rundtanz, der die zyklischen Gesänge traditioneller Heiler*innen auf der Reise durch Zeit und Raum anklingen lässt.  «Das Land ist unsere Vergangenheit und unsere Gegenwart. Und wenn wir weiter Shipibo-Konibo bleiben möchten, muss es auch unsere Zukunft sein», ist Chonon Bensho überzeugt. Ihre Arbeiten kartografieren Amazonien – die Flüsse und Wälder, die Tiere und Völker, das überlieferte Wissen und das spirituelle Universum –, um die Zukunft herbeizuführen.  

Credits

Gallery


Rao Noma © Chonon Bensho
Jiwi © Chonon Bensho
Inin Nete © Chonon Bensho
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