Lavagem

Eimer, Wasser, Seife und Schaum: Das sind die Requisiten, mit denen die Tänzer*innen in "Lavagem" das Putzen und Schrubben als theatrale Geste und historische Tatsache erforschen. Die brasilianische Choreografin Alice Ripoll seziert in ihrer neusten Produktion die polarisierte Realität der brasilianischen Gesellschaft, in der der Kontakt zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen extrem gering ist und nach wie vor eine sexistische, armutsfeindliche und rassistische Ordnung herrscht. Alice Ripoll, die in Rio de Janeiro geboren wurde, gründete 2007 die Kompanie Cia REC. Die Tänzer*innen stammen aus den Favelas, den Armenvierteln, und haben einen ganz persönlichen Bezug zur Thematik. Ihre Mütter und Grossmütter arbeiteten ihr ganzes Leben lang als Putzfrauen, was die dominante, weisse Oberschicht Brasiliens jedoch nicht davon abhielt, People of Colour als schmutzig zu betrachten. Diese Ambivalenz nutzen die Tänzer*innen während der Performance aus, um Bilder zu produzieren. Der Seifenschaum färbt die schwarzen Körper weiß und die Seifenblasen suggerieren eine traumhafte Welt, doch Seife ist von Natur aus auch eine Quelle der Frustration, denn sie hindert sie daran, aufrecht zu bleiben, zwingt sie auseinander oder sie müssen sich gegenseitig helfen, um auf den Beinen zu bleiben. Die Tänzer*innen versuchen, eine engere und direktere Beziehung zum Publikum herzustellen, um die sozialen Hierarchien und die etablierte Beziehung zwischen dem Geschehen auf der Bühne und dem Publikum zu überwinden. In LAVAGEM geht es also um Fragen wie: Was muss eigentlich gereinigt werden? Die Häuser, der Schmutz in den Räumen? Oder die ausgeklügelten Strategien, die darauf abzielen, manche Menschen unsichtbar zu machen? Alice Ripoll studierte Tanz an der Schule von Angel Vienna und begann als Choreografin zu arbeiten. Ihre Shows wurden auf mehreren Festivals in Brasilien und im Ausland aufgeführt, u.a. am Kampnagel Internationales Sommerfestival, am Zürcher Theater Spektakel, den Rencontres Chorégraphiques Internationales de Saine-Saint-Denis und am Kunstenfestivaldesarts in Brüssel.